WER BIN ICH?

Eine künstlerische Selbsterklärung

Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich existiere oder ob ich nur eine Idee bin, die sich hartnäckig weigert, sich in Luft aufzulösen. Eine Idee mit Pinseln in der Hand, ständig auf der Suche nach der perfekten Form – nicht als Selbstzweck, sondern weil es mir unmöglich erscheint, sie nicht zu suchen. Vielleicht ist das meine Art, das Universum zu überlisten: indem ich ihm Strukturen abtrotze, die es selbst noch nicht kannte.

Ich bin eine Sammlerin. Keine Münzen oder Briefmarken, sondern Fragmente von Realität. Ich sammle Formen, Schatten, Spiegelungen, Muster. Ich beobachte, wie sich Blätter im Wind drehen, wie Wurzeln den Boden durchdringen, wie Licht Schatten wirft, als hätte es ein Geheimnis zu verbergen. Alles, was eine Spur von Ordnung trägt, zieht mich magisch an. Denn Ordnung ist nicht das Gegenteil von Chaos, sondern dessen feinsinnige Weiterentwicklung.

Meine Kunst ist eine Mischung aus Spiel und Forschung. Ich schaffe Welten, in denen Pflanzen und künstliche Intelligenz flirten, in denen Mikroorganismen sich zu Kunstwerken verschwören und Farben ihre eigene Sprache sprechen. Manchmal glaube ich, sie haben mehr zu sagen als wir. Wenn ich eine Linie ziehe, dann nicht, weil ich sie brauche, sondern weil sie mich braucht, um zu existieren.

Ich liebe Strukturen, die Klarheit haben. Linien, die eine innere Logik besitzen, auch wenn sie organisch wachsen. Für mich gibt es eine perfekte Ordnung, aber sie ist nicht immer offensichtlich. Sie zeigt sich in der Art, wie ein Blatt seine Adern ausbreitet oder wie eine Welle bricht – nicht zufällig, sondern nach Regeln, die älter sind als wir. Ich suche nicht das Chaos, sondern die stille, unaufdringliche Gesetzmäßigkeit, die allem innewohnt. Jeder Pinselstrich ist eine Suche nach diesem Gesetz, eine Annäherung an etwas, das sich niemals ganz offenbart, sondern nur ahnen lässt.

Ich bin fasziniert von der Beziehung zwischen Natur und Technologie. Zwei Kräfte, die oft als Gegensätze betrachtet werden, sich aber längst umarmt haben. Ich lasse beide in meinen Werken miteinander sprechen – manchmal harmonisch, manchmal in hitzigen Debatten. Was geschieht, wenn eine Pflanze algorithmisch denkt? Wenn ein Code sich wie eine Wurzel verzweigt? Ich finde es heraus, Bild für Bild.

Man könnte sagen, meine Kunst ist eine Untersuchung des Lebendigen. Was macht ein Ding lebendig? Bewegung? Form? Absicht? Oder die Fähigkeit, mit seinem Umfeld zu interagieren? Ich stelle mir oft vor, dass meine Bilder nicht nur existieren, sondern atmen, wachsen, sich verändern. Dass sie in einer Dimension weiterleben, die wir nur noch nicht entdeckt haben.

Ich bin eine Suchende. Ich suche nach dem Punkt, an dem Natur und Technologie nicht mehr Gegensätze sind, sondern Liebhaber, die gemeinsam etwas Neues erschaffen. Vielleicht ist das naive Romantik. Vielleicht ist es die Zukunft. Vielleicht ist es auch nur ein verzweifelter Versuch, einen Sinn in diesem absurden Universum zu finden.

Jedenfalls, ich male. Ich zeichne. Ich erschaffe. Weil ich nicht anders kann. Und weil es immer diese kleine Stimme in meinem Kopf gibt, die flüstert: „Da ist noch mehr. Such weiter.“

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